Aktiv & Vital KW 33/24

Grünstadter Zeitung 6.12.1887

* Grünstadt , 5. Dec. — Das engere Comité für den Ausbau der Eisthalbahn tagte am Samstagnachmittag in der „ Jacobslust ” dahier. Durch den 1. Vorsitzenden des Comité’s wurde zunächst über das Resultat der zuletzt geschehenen Schritte bezw. die Ueberreichung des Bahnbaugesuches bei der k. Kreisregierung, dann über das Ergebniß der desfallsigen Audienz bei der Direction der Pfälzischen Bahnen berichtet. Beide Schritte geschahen schon vor mehreren Wochen am gleichen Tage. Das Gesuch bezw. die Herren Präsentanten desselben wurden von dem Herrn Regierungspräsidenten v. Braun mit ihrem Anliegen wider alles Erwarten und wider sonstige Gewohnheit sehr mißliebig aufgenommen, so daß ihnen klar ward, daß Seitens der kgl. Kreis- und Staatsregierung nichts zur Unterstützung der Sache zu hoffen sei. In Ludwigshafen wurde den beiden Herren Deputierten, Frhr. v. Gienanth und Papierfabricant Rommeler aus Eisenberg, von dem Herrn Eisenbahndirector begreiflich gemacht, daß wegen der großen Länge der virtuellen Linie der Strecke Eisenberg – Enkenbach eine Secundärbahn sich sogar als nachtheilig für das Eisthal erweisen würde und die Industriellen des Eisthales via Kaiserslautern sogar Schaden hätten von dieser schwierigen Gebirgs-Secundärbahn mit ihrer Steigung von 1:50, da zu der sehr langen virtuellen Linie die hohe laut Gesetz für Secundärbahnen in Bayern übliche Umschlagsgebühr mit 6 Mk. per Doppelwaggon noch hinzukämen. An eine Vollbahn wäre schon von vornherein nicht zu denken gewesen. Es wurde sowohl in Speyer als nachher auch in Ludwigshafen hauptsächlich die Bedürfnißlosigkeit einer Eisthalbahn oft betont, weil ja die Bahn „durch eine menschenleere Gegend liefe”, und wurde auch bestritten, daß die bekannten ungünstigen Aussichten eine Aufregung im Eisthal hervorgerufen hätten, da ja kein Mensch in der fraglichen Gegend wohne und das einzige Dorf Ramsen mit seinen 800 Einwohnern nur 1 Stunde vom Bahnhofe Eisenberg entfernt wäre. Kurz, es wurde den Herren alle und jede Hoffnung auf eine Bahn im oberen Eisthal absolut genommen. Sodann wurde dem Comité über das Ergebniß der Münchener Deputation Bericht erstattet, welcher die Haltung der maßgebenden Stellen in Speyer und Ludwigshafen bestätigte.— Das Comité hat aber trotz dieser Aussichtslosigkeit seine Pflicht voll und ganz erfüllen zu müssen geglaubt und beschlossen, daß ehestens die Frage des Grunderwerbs für die bewußte Bahn gelöst und deshalb mit allen Privat- und Grundeigenthümern wegen des benöthigten Grund und Bodens für die Bahnlinie verhandelt werden müsse, darnach eine officielle Versammlung aller Interessenten an einem Sonntage zu Eisenberg abgehalten werden solle zur Erörterung der Bahnfrage und endlich eine allgemeine Versammlung in Kaiserslautern einzuberufen sei, in welcher sowohl die Interessenten der „Luitpoldbahn” in spe, als auch der Eisthalbahn mit einander tagen und wegen der vom Kammerpräsidium angerathenen Corporation der beiden Eisenbahncomité’s für die beiden sich einander anschließenden und deßhalb zu combinirenden Bahnprojecte verhandelt werden.— Es bleibt bei dieser Haltung sowohl der k. Regierung als der pfälzischen Eisenbahnverwaltung das einzige und letzte Zufluchtsmittel die Bitte an den Landtag, an welchen zuletzt das entsprechende Gesuch für diese Bahnbauten gerichtet werden muß. Das Eisthalbahncomité bleibt unter allen Umständen bestehen.

 

Diesen Bericht haben wir von Herrn Hermann Schäfer bekommen. Der Artikel zeigt welche Schwierigkeiten es bei der Umsetzung der Eistalbahn gab. Den Text haben wir in Originalschreibweise übernommen.